
Gemäß einer weitverbreiteten Annahme zeugen magnetische Eigenschaften bei Edelstahl von dessen Minderwertigkeit. Würde ein Magnet an einem Objekt aus Edelstahl haften bleiben, handle es sich um einfachen Stahl mit einem hohen Eisenanteil, der leicht zu rosten beginnen würde. Hochwertiger, rostfreier und lebensmittelechter Edelstahl sei dagegen nicht magnetisch.
Tatsächlich lässt sich keine so einfache Pauschalisierung vornehmen, um hochwertigen, widerstandsfähigen und rostfreien Edelstahl zu erkennen. In diesem Artikel erfährst du daher, wann mit einem Magnetismus zu rechnen ist, was das über die Qualität des Stoffes aussagt und welche Rolle die stoffliche Zusammensetzung von Edelstahl dabei spielt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Legierung (d.h. Vermischung) von Stahl mit hauptsächlich Eisen begründet die Klasse des nichtrostenden Edelstahls. Je nach weiteren stofflichen Zusätzen wie Nickel, Chrom, Titan, Niob oder Molybdän lässt sich ein Edelstahl in unterschiedliche Gruppen einordnen. Austenitischer, ferritischer und martensitischer Edelstahl machen die drei großen Arten von rostfreien Stahl aus.
- Die Mehrzahl der über 120 Arten von Edelstahl sind austenitisch und im Gegensatz zu den mit einem ferritischen und martensitischen Gefüge nicht magnetisch. Das ändert sich jedoch angesichts hoher Krafteinwirkungen wie bei der Umformung. Hierbei ändert sich die Gefügestruktur, sodass eine magnetische Anziehungskraft entsteht.
- Sowohl austenitische Legierungen als auch ferritische Legierungen können rostfrei hergestellt werden. Ob ein Werkstoff über magnetische Eigenschaften verfügt oder nicht, sagt damit nichts über die Qualität und Korrosionsbeständigkeit des Edelstahls aus.
Ist Edelstahl magnetisch?: Was du wissen solltest
Edelstahl entsteht, indem Stahl veredelt wird. Ihm werden weitere Elemente zugesetzt, die ihn zum Beispiel widerstandsfähiger oder hitzebeständiger machen sollen. Dieses Gemisch wird Legierung genannt und entscheidet schließlich darüber, ob der Edelstahl magnetisch wird oder nicht. Erhalte im Folgenden einen Überblick, was das für dich als Verbraucher bedeutet.
Welche Arten von Edelstahl gibt es?
Gruppe | Magnetisch? | Zusammensetzung |
---|---|---|
Austenitisch | Nein | Eisen-Chrom-Nickel-Legierung |
Ferritisch | Ja | Eisen-Chrom-Legierung |
Martensitisch | Ja | Eisen-Chrom-Legierung |
Der hohe Nickelanteil in austenitischen Legierungen sorgt dafür, dass sie nicht magnetisch sind. Er ist zudem gut verformbar sowie sehr temperatur-, korrosions- und säurebeständig, sodass er vielfältig verwendet werden kann: In der Nahrungsmittelindustrie, in der Architektur, im Fahrzeugbau oder zum Beispiel auch bei der Herstellung sanitärer Anlagen.
Ferritischer Edelstahl besitzt wiederum einen hohen Chrom- und niedrigen Kohlenstoffgehalt, was ihnen magnetische Eigenschaften verleiht. Martensitischer Edelstahl wird durch Härten ebenfalls magnetisch. Ferritische Legierungen weisen eine gute Schweißbarkeit auf und lassen sich einfach verformen.
Sie werden zum Beispiel im Schienenfahrzeugbau, in der Agrartechnik oder auch beim Maschinenbau verwendet. Ferritischer Stahl ist günstiger als austenitische Legierungen, jedoch nicht so widerstandsfähig und belastbar.
Welcher Edelstahl ist magnetisch?
Genau genommen machen austenitische Legierungen ungefähr 70 Prozent der weltweit verwendeten nichtrostenden Edelstähle aus. Sie sind im alltäglichen Gebrauch auch als V2A oder V4A bekannt. Tatsächlich besitzen diese Werkstoffe in der Regel einen Teil Ferrit. Dieser genügt jedoch nicht, damit ein einfacher Magnet eine magnetische Wirkung erfasst.(2)
Allerdings kann sich selbst austenitischer Stahl zu einem martensitischen und damit magnetisierbaren Edelstahl wandeln. Hohe Krafteinwirkungen und Umformung ändern die Gefügestruktur, sodass in den Bereichen, in denen die Umformung besonders stark vorliegt, eine gewisse magnetische Anziehungskraft entsteht. Das lässt sich zum Beispiel bei Edelstahlschrauben oder gebogenen Rohren beobachten.(3)
Wann sind magnetische Eigenschaften von Edelstahl relevant?
Die Produktion von einem Produkt aus Edelstahl, das eisenhaltig, aber gleichzeitig rostfrei ist, gestaltet sich jedoch deutlich teurer und aufwendiger in der Produktion. Als Kompromiss wird eine Teillegierung gewählt, die Duplexstahl genannt werden.
Etwas mehr als 50 Prozent des Stahlgefüges ist ferritisch, während der Rest austenitisch ist. Es ist somit eine Mischung aus beiden Arten. Sie erlangen so einen leichten Magnetismus, sodass sie auf Induktionsplatten verwendet werden können.(4)
Ist magnetischer Edelstahl rostfrei?
Edelstahlprodukte mit einer ferritischen Legierung sind hierbei jedoch etwas anfälliger und nicht so korrosionsbeständig wie austenitische Legierungen. Somit ist die Herstellung einer eisenhaltigen und damit magnetischen Legierung, die nicht rosten soll, deutlich teurer und aufwendiger. Das verdeutlichen zum Beispiel die hohen Preise von Induktionsgeschirr.
Kann Edelstahl magnetische Eigenschaften erlangen?
In den Bereichen der Umformung ändert sich die Struktur des Gefüges, was diesen Effekt erklärt. Selbst ein einfacher und haushaltsüblicher Magnet ist dann in der Lage, die magnetische Anziehungskraft zu erfassen. Das kann zum Beispiel bei gebogenen Rohren oder Schrauben beobachtet werden.(6)
In welchen Bereichen sollte Edelstahl nicht magnetisch sein?
Magnetischer Edelstahl ist nicht für Bereiche geeignet, in denen ein elektromagnetischer Effekt zu Störungen führt. Dieser Magnetismus sendet elektromagnetische Signale, die besonders technische Geräte negativ beeinflussen können.
Instrumente in Operationssälen, die zum Beispiel über die Herzaktivität des Patienten oder der Patienten Auskunft geben, könnten so fehlerhafte Messungen anzeigen. Auch alltäglich verwendete Apparate wie Herzschrittmacher werden auf diese Weise negativ beeinflusst.(7)
Wie lässt sich magnetischer Edelstahl erkennen?
Die bekannteste und verbreitetste Werkstoffnummer ist 1.4301 (auch V2A). Edelstahl mit der Nummer 1.4301 weist in der Regel keine magnetische Wirkung auf, da es sich hierbei um einen austenitischen Stahl handelt.
Der Chromanteil dieser Chrom-Nickel-Verbindung beträgt 17,5 bis 19,5 Prozent und ist somit rostfrei und kann unbedenklich mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Da er zusätzlich sehr korrosionsbeständig ist, kommt er vor allem in der Chemie- und Lebensmittelindustrie zum Einsatz.
Welche Alternativen gibt es zu Edelstahl?
Rostfreier Edelstahl bietet eine Reihe von Vorteilen. Vor allem seine hohe Korrosions- und Temperaturbeständigkeit sowie Hygiene und Langlebigkeit erlauben eine vielseitige Verwendung des Materials. Dazu zählen zum Beispiel Krankenhäuser, Armaturen im Gastronomie- und Küchenbereich oder die Möbelherstellung.
Doch auch eine Vielzahl sanitärer Anlagen im Badezimmer werden aufgrund dieser Eigenschaften aus Edelstahl hergestellt: WC Garnituren, Duscharmaturen, Badewannenarmaturen etc.
Zuletzt wurde sich bemüht, Alternativen zum weitverbreiteten austenitischen Edelstahl zu entwickeln. Hierbei handelt es sich um sogenannte plattierte Werkstoffe, bei denen verschiedene Metalllagen verpresst werden. Da sie Legierungselemente wie Nickel und Molybdän nicht benötigen, werden Materialkosten gesenkt und Ressourcen gespart.
Winox
Winox ist eine Entwicklung vom Wickeder Westfalenstahl zusammen mit dem dazugehörigen Tochterunternehmen Engineered Materials Solutions. Bei dem Werkstoff handelt es sich um einen sogenannten Plattierverbund aus Edelstahl-Weichstahl-Edelstahl.
Er weist eine erhöhte Festigkeit und Formbarkeit auf, sodass er austenitische Edelstähle fachgerecht ersetzen kann.
Der dem Stoff zugrunde liegende Stahl und Edelstahl werden in verschiedenen Lagen angeordnet und mithilfe einer Walze unter hohem Druck verpresst, sodass die einzelnen Lagen fest miteinander verbunden werden.(9)
Copper-Plus
Copper-Plus stammt von demselben Hersteller wie Winox. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Kombination aus Kupfer und Edelstahl. Es besitzt ebenfalls eine erhöhte Festigkeit und ist zudem leichter im Gewicht. Das macht der Werkstoff beliebt in vielen Bereichen wie für die Architektur. Er findet zum Beispiel Anwendung im Bereich der Bedachungen oder Regenrinnen.(9)
Der Hersteller macht zudem auf die vielen Vorteile dieses Plattierverbundes aufmerksam. Dazu zählt u.a. die Fähigkeit, Wärme gut zu leiten und zu verteilen. Außerdem lässt sich der Stoff ausgezeichnet umformen. Damit stellt er eine effektive Alternative zu Edelstahl dar.(10)
Fazit
Die oftmals vertretene Annahme, dass magnetischer Edelstahl minderwertig sei, kann hiermit nicht bestätigt werden. Ob rostfrei oder nicht rostfrei hängt nicht von dem Magnetismus eines Objekts ab. Die Legierung des Edelstahls, die Zusammensetzung des Gefüges und die Art der Verarbeitung sind ausschlaggebend, ob der Werkstoff magnetische Eigenschaften entfalten kann.
In bestimmten Bereichen sind magnetische Eigenschaften sogar Voraussetzung für einen funktionierenden Ablauf. Zum Beispiel muss Kochgeschirr für Induktionsplatten magnetisierbar sein, um die Wärme angemessen leiten zu können. Deswegen besitzen sie normalerweise einen ferritischen Anteil, der die Wärmeleitung gewährleistet.
Beitragsbildquelle: Kevin Malik/pexels
Einzelnachweise (10)
1.
edelstahlrohrshop.com: Ist Edelstahl magnetisch oder nicht?
Quelle
2.
materials4me.com: Magnetische Eigenschaften von Edelstahl Rostfrei.
Quelle
3.
theo-schrauben.de: Edelstahl magnetisch - Wahrheit oder Mythos?
Quelle
4.
hausjournal.net: Edelstahl wird durch die Legierungsart magnetisch
Quelle
5.
grillrost.com: Ist Edelstahl magnetisch?
Quelle
6.
hild-tuning.de: Ist Edelstahl magnetisch?
Quelle
7.
mirrorinox.de: Edelstahl & Magnetismus
Quelle
8.
gastrostore.com: Edelstahl-was verbirgt sich eigentlich dahinter?
Quelle
9.
innovations-report.de: Plattierte Werkstoffe bieten Alternative zu Edelstahl
Quelle
10.
wickeder-group.de: Walzplattierte Bänder
Quelle